„Pazifierung“ der Favelas…

Juni 15, 2010

Habe ich in meinem letzten Eintrag gegen schlechte Berichterstattung und falsche Vorurteile argumentiert möchte ich in diesem nun auch ganz bewusst auf die aktuelle, mir bekannte, Situation in den Armenvierteln der Zona Sul zu sprechen kommen.

Armenviertel, besser bekannt unter der Bezeichnung Favelas, gibt es in Rio de Janeiro überall. Sei es nun in der ärmeren Zona Norte und der Zona Oeste mit der sich riesigen daran anschließenden Peripherie, oder sein es die bewohnten Hügel der reichen Zona Sul, wo selbstgebaute Ziegelhäuser an die Residenzen der gehobenen Klassen angrenzen. Waren die meisten Favelas der Zona Sul in der Vergangenheit tatsächlich unter der Kontrolle von Drogenbossen, hat sich diese Situation in den vergangenen Jahren rapide geändert. Im Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2014 und die olympischen Spiele 2016 begann man mit der Politik der, wie das euphemistisch so schön heißt, Pazifizierung der Favelas. Viel mit „Paz“ hat das Vorgehen der Polizei allerdings nicht zu tun. Im Normalfall bedeutet dies eine Nacht und Nebelaktion der Eliteeinheit der Polizei (siehe dazu den Film „Tropa de Elite“), in welcher die Köpfe der Drogenbosse entweder verhaftet oder gleich im Gefecht getötet werden. Ganz abgesehen von den sich immer wieder ereigneten „Unfällen“ seitens der Polizei, wodurch oftmals Unschuldige, auch Kinder, ums Leben kommen.

Anschließend wird mit starker Polizeipräsenz gewährleistet, dass es zu keiner erneuten Bildung von Drogenringen kommen kann. In den reicheren Teilen Rio de Janeiros wird diese Politik, wie sich zeigt ,auch mit großem Erfolg durchgezogen. Viele Kritiker meinen, dass die Gewalt somit nun jedoch verstärkt in die Peripherie gedrängt werden würde. Ob dies der Fall ist kann ich aufgrund meiner persönlichen Unkenntnis in diesen Gebieten nicht sagen. Falls dies so sein sollte würde es mich allerdings nicht sehr verwundern. Für die Lokalpolitiker steht eine Verbesserung der Situation in den reichen und touristischen Gebieten von Rio de Janeiro im Vordergrund, die ärmeren Randgebiete der Stadt sind hier zweitrangig.

Die Situation in der Zona Sul, in welcher ich wohne, ist somit heutzutage bereits eine weitaus sichere geworden. Natürlich im krassen Gegensatz zu anderen Gebieten von Rio de Janeiro. Eine Ausnahme bildet hier jedoch die größte Favela Rio de Janeiros. Rocinha genannt erstreckt sie sich über einen „morro“ von Gávea (Zona Sul) bis nach Sao Conrado (Zona Oeste). Jene Favela zählt über 400.000 Bewohner. Man muss sich diese Zahl einmal in österreichischen Verhältnissen vor Augen halten. Das ist etwa gleich groß wie Graz und Innsbruck zusammen gezählt!

Vor wenigen Wochen hatte ich zum ersten Mal das große Glück an einem Fest in der Rocinha teilnehmen zu können. (Feste in den Favelas haben einen ganz anderen Charakter und Charme als in den schicken Clubs von Lapa. Dazu aber mehr in einem anderen Eintrag). Die Rocinha ist eine bis heute noch nicht „pazifizierte“ Favela und somit unter der Kontrolle von Drogenbossen. Dies zeigte sich mir sehr bald nach dem Betreten. Zum ersten Mal wurde ich mit echten Schusswaffen konfrontiert. An allen Ecken standen Wachposten mit ihren Maschinengewehren, ständig bereit im Falle des Falles aktiv zu werden. Beeindruckend in diesem Zusammenhang ist jedoch, dass für Besucher von außerhalb, vorausgesetzt sie verhalten sich dementsprechend, keine Art von Gefahr besteht. Die Drogenbosse unter wessen Befehl jene „Fußsoldaten“ stehen haben absolut kein Interesse an einer Auseinandersetzung, welcher Art auch immer. Dies würde nur die Polizei auf den Plan rufen. Im Gegenteil, Besucher werden in diesem Zusammenhang gerne gesehen. Wären da nicht die Waffen würde man sich absolut keiner Gefahr bewusst sein…

Rio de Janeiro – Stadt der Gewalt?

Juni 15, 2010

Globalisierung, Interkulturalität, Integration, dies sind nur einige wenige Schlagworte die heutzutage hochgeschrieben werden. Jeden Tag werden wir mit Informationen geradezu überschüttet und das Internet lässt ungeahnte Möglichkeiten des Informationsaustausches entstehen. Man würde meinen, dass dies zu einer aufgeklärteren und vorteilsloseren Gesellschaft beitrüge.

Meine täglichen Erfahrungen im Alltag beweisen mir hier aber leider das Gegenteil. Was hatte ich in Europa vor meiner Abreise nicht schon so alles über Rio gehört. „Rio, oh mein Gott da musst aufpassen, dass sie dich net gleicht erschießen“ und „geh ja nie mit der Kreditkarte auf die Straße“, solche Sätze ließen bei mir im Vorhinein starke Bedenken hinsichtlich meines Aufenthaltes in Brasilien aufkommen. Sollte es wirklich so schlimm werden, war mein Leben in Gefahr? Meine Fantasie begann sich ihre Bilder zu malen. Und so muss ich zugeben, dass ich die ersten Tage nach meiner Ankunft tatsächlich mit der ständigen Angst herum lief, an der nächsten Straßenecke überfallen zu werden. Mit was für einem Lächeln auf dem Gesicht muss ich heute an all die Warnungen und Ratschläge denken, die man mir in Österreich gegeben hat! Doch der Leser solle nicht glauben, dass der Rest Brasiliens ein anderes Bild von Rio de Janeiro hätte. Manchmal erschien die Frage, die mir auf meinen Reisen so oft gestellt wurde, „ist Rio nicht viel zu gefährlich“ schon beinahe repetitiv und  es bedurfte immer wieder großer Anstrengungen gegen dieses so tief sitzende Vorurteil anzukämpfen. Woran liegt diese verzerrte Wahrnehmung einer Stadt die mit dem Wort Gewalt gleichgesetzt wird? Meine Hypothese: Die brasilianischen Medien tragen zu einer Verbreitung dieses Mythos erheblich teil. Täglich dringen Nachrichten über ein neues Verbrechen in Rio über die Nachrichtensender bis in den letzten Winkel Brasiliens. Auch die Weltpresse weiß selten anderes zu berichten. Positiven Trends und Entwicklungen wird in diesem Sinne kaum Raum gelassen. Die große Medienkonzentration in den Händen weniger mögen hier einen erheblichen Teil dazu beitragen.

Das Rio de Janeiro auch heute noch mit großen Problemen zu kämpfen hat steht außer Frage. Mich verstört jedoch viel mehr die Tatsache, mit welcher Überzeugung weite Kreise in Brasilien sowie Europa, die vorgelieferten Informationen aus den Medien nachkauen und verteidigen ohne jedwede  persönliche Kenntnisse hinsichtlich der aktuellen Situation zu besitzen.

Oftmals bestätigen sich Touristen durch ihr auffallendes Verhalten ihre Vorurteile selbst. Sie werden Opfer von Gewalt. Hat man allerdings mancher dieser Personen in Copacabana, wo sie sich vornehmlich aufhalten, schon gesehen verwundert es kaum, dass ihnen unangenehme Erfahrungen nicht erspart bleiben.

Es amüsiert mich immer wieder zu sehen mit welchen Ängsten viele Bürger der ersten Welt heutzutage durch die Weltgeschichte reisen und wie schwierig sich ihr Leben dadurch gestaltet. Manchmal stell ich mir hier schon die Frage, ob da ein Leben ohne große materielle Besitztümer nicht erstrebenswerter scheint?

Wenn ich mit diesem kurzen Eintrag etwas sagen wollte, dann wohl dass das sich jeder davor hüten sollte alle Informationen aus den Nachrichten für wahr zu halten und weiterzuverbreiten. Ein kürzlich über die CASA Stefan Zweig im Globo (eine der größten Tageszeitung Brasiliens) erschienener Artikel bestätigte mir diese Auffassung nur auf eine neues. Die darin abgedruckten Falschinformationen waren beträchtlich.  Dies zeigt einmal mehr auf welche Weise die breite Masse von Journalisten heutzutage arbeitet und wie Ernst man es mit der akkuraten Berichterstattung nimmt. Mein Appell an euch lautet also: Kommt lieber selber nach Brasilien und schaut euch die Situation vor Ort an! [Rio ist die Reise auf jeden Fall Wert (-; ]

1.Tätigkeitsbericht Gedenkdienst CASA Stefan Zweig Feb-Mai 2010

Juni 4, 2010

TÄTIGKEITSBERICHT

über die ersten vier Monate zur Vorlage

beim Bundesministerium für Inneres

von Raffael Stuhlpfarrer

Einsatzstelle:

“CASA STEFAN ZWEIG”

Tätigkeitsbereiche:

1. Einschulung:

Die ersten Tage meines Gedenkdienstes an der CASA STEFAN ZWEIG  waren von einer allgemeinen Einschulung in die Tätigkeiten an der Einsatzstelle geprägt. Diese führte mit mir mein Vorgänger und aktueller wissenschaftlicher Mitarbeiter, Mag. Hans-Jörg Trettler, durch. Mag. Trettler und ich arbeiten aufgrund unserer sich überschneidenden Tätigkeitsbereiche auf das Engste zusammen und ergänzen uns hierbei in unserer gemeinsamen Arbeit sehr gut.

2. Transkribieren von Zeitzeugeninterviews:

Nach der allgemeinen Einschulung der ersten Tage begann ich mit meiner ersten großen Tätigkeit, dem Transkribieren von Zeitzeugeninterviews. Das entsprechende Material stammt aus dem Bestand der Germanistin und renommierten Exilforscherin Frau Prof. Dr. Izabela Maria Furtado Kestler. Frau Prof. Kestler hatte für ihre Doktorarbeit „Die Exilliteratur und das Exil der deutschsprachigen Schriftsteller und Publizisten in Brasilien“ Ende der 80er Jahre zahlreiche Interviews mit damals noch lebenden Exilanten durchgeführt. Nach dem tragischen Tod der Forscherin durch den Flugzeugabsturz einer Air France Maschine des Typus A330-200 am 2. Juni 2009, übergab die Familie große Teile der Bibliothek in Form einer Spende der CASA STEFAN ZWEIG. Die Sammlung Prof. Kestlers beinhaltet, neben der bereits erwähnten Aufzeichnung der Zeitzeugeninterviews, auch einen großen Bestand von Büchern, Broschüren und Manuskripten.

Aufgrund der schlechten Qualität der auf Audio Kassetten aufgezeichneten Interviews, war eine rasche Digitalisierung und Niederschrift unausweichlich. Das Transkribieren der Interviews stellte sich im Lauf meiner Arbeit als sehr mühevolle aber umso lehrreichere Aufgabe heraus. Die intensive Beschäftigung mit den einzelnen Exilanten und deren Lebensgeschichten ließ einen tieferen Einblick in die Thematik zu. Somit gewann ich in den ersten Tagen und Wochen durch diese Beschäftigung einen guten Überblick über die deutschsprachige Emigration in Brasilien, welchen ich mit Hilfe der Lektüre von einschlägiger Literatur zu vertiefen versuchte. Große Teile der in deutscher Sprache geführten Interviews konnten bereits transkribiert werden, wohingegen die Transkription der portugiesischen „entrevistas“ eine weitere Aufgabe für die kommenden Monate bleibt.

3. Katalogisierung der Schenkung Kestler:

Durch die Schenkung des Bestandes von Frau. Prof. Kestler an die CASA STEFAN ZWEIG, bekam ich eine weitere sehr wichtige Aufgabe, das Katalogisieren des gespendeten Materials. Ich begann, mit Hilfe einer eigens dafür angeschafften Bücherverwaltungssoftware, die Bücher und Manuskripte mit allen ihren Attributen im System zu vermerken. Somit kann nun jedes einzelne Werk der Bibliothek über die ISBN/ISSN Nummer, den Titel, Autor, Publikationsjahr und andere Suchkriterien aufgerufen werden. Insgesamt wurden somit knapp über 1000 Bücher und Manuskripte katalogisiert.

Als nächsten wichtigen Schritt begannen Mag. Trettler und ich die Bücher nach Kategorien einzuteilen. Diese wurden dann im Programm ergänzt und anschließend kam es zur Sortierung der Bücher nach den festgelegten Themenbereichen. Momentan sind wir damit beschäftigt die einzelnen Kategorisierungen aufgrund von neuen Informationen weiter zu verfeinern.

4. Forschungsarbeit, sowie Reproduktion von Originaldokumenten:

Ein weiterer wichtiger Teil meiner Arbeit als Gedenkdiener ist die Forschung über exilierte Künstler, Intellektuelle und Wissenschaftler, die in der Zeit des nationalsozialistischen Regimes nach Brasilien flüchteten. Diese führe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Mag. Trettler und dem Historiker und Experten auf dem Gebiet der Exilforschung, Prof. Dr. Fábio Koifman, durch.

Nationalarchiv:

Meine Arbeit führt mich hierbei hauptsächlich in das Nationalarchiv, wo ich bei der Reproduktion und Digitalisierung von Originaldokumenten mithelfe. Prof. Koifman lässt mir und Mag. Trettler in regelmäßigen Abständen Referenznummern, von den über die Exilanten in den Archiven vorhandenen Akten, zukommen. Meine Arbeit besteht dann darin, mit diesen Referenznummern die Dokumente im Nationalarchiv zur Begutachtung zu bestellen und sie anschließend mit Hilfe von Digitalkamera und Stativ für das Archiv der CASA STEFAN ZWEIG zu reproduzieren. Auf eigene Initiative konnten Mag. Trettler und ich mit Hilfe der frei zugänglichen Onlinedatenbank auch bereits zahlreiche von Prof. Koifman zuvor noch nicht entdeckte Akten auffinden. Diese Forschungstätigkeit werden wir in den kommenden Monaten auch auf weitere Archive ausweiten, um somit zusätzliches Material für das Archiv der CASA STEFAN ZWEIG zu reproduzieren.

Nationalbibliothek:

Neben dem Nationalarchiv hatte ich auch regelmäßig in der Nationalbibliothek zu tun, wo ich ebenfalls bei der Digitalisierung von Dokumenten behilflich war. Hierbei handelte es sich aber ausschließlich um die Reproduktion des in der Nationalbibliothek aufbewahrten Bestandes des Schriftstellers Stefan Zweig. Zusätzlich begab ich mich für eine geplante neue Publikation des Zweig-Experten und Präsidenten der CASA STEFAN ZWEIG Alberto Dines in das Zeitungsarchiv der Nationalbibliothek, um hierfür benötigte Informationen und Fotomaterial aus den auf Mikrofilmen aufgezeichneten Zeitungen auszuwerten.

Neben der Suche nach Material über die uns bereits bekannten Exilanten, bin ich auch mit der Recherche nach neuen, unseren Suchkriterien entsprechenden, Exilanten beschäftigt. Hierfür dient mir zu einem großem Teil das Internet, sowie die in der Bibliothek der CASA STEFAN ZWEIG vorhandene Fachliteratur.

5. Verwaltung der bestehenden Datenbank:

Ein weiterer wichtiger Tätigkeitsbereich neben der Forschungsarbeit ist die Verwaltung der bestehenden Datenbank.

Da die CASA STEFAN ZWEIG noch kein professionelles Datenverwaltungsprogramm besitzt, werden die Dokumente und Datensätze momentan noch mit Hilfe von Microsoft Office und dem Windows Betriebssystem verwaltet. Die Liste mit den Namen der für uns aufgrund unserer Anforderungskriterien in Frage kommenden Exilanten und die Vermerke der dazu bereits reproduzierten Dokumente wurden bis vor kurzem noch über Microsoft Word verwaltet. Auf meinen Vorschlag hin begann ich in den vergangenen Wochen mit der Aufgabe eine Excel Liste zu erstellen, in welche ich alle Informationen, die mir zur Verfügung standen, vermerkte. Diese Liste bietet erhebliche Vorteile. Nun kann wie in einer professionellen Datenbank über Filter nach einzelnen Datensätzen gesucht werden und diese nach dem gewünschten Kriterium gruppiert bzw. sortiert werden. Die spätere Integration der Datensätze jener Excel Liste in ein professionelles Datenverwaltungsprogramm wird mit Sicherheit weitaus rascher und unkomplizierter von statten gehen können, als dies mit der Word-Liste der Fall gewesen wäre.

Zunächst vermerkte ich in dieser Liste nur den Namen und Beruf des Exilanten. Im Laufe der Arbeit ergänzte ich stetig neue Kategorien, sodass die Liste heute mit Informationen wie Herkunftsland, Geburtsstadt, Geburtsjahr, Todesjahr, Jahr der Ankunft in Brasilien, Dauer des Aufenthaltes in Brasilien, sowie Künstlername bereits ein recht stattliches Ausmaß angenommen hat. Die dazu benötigten Informationen, musste ich aus den in unserem Archiv bereits vorhandenen Dokumenten auswerten und oftmals durch Internetrecherche ergänzen. Die Liste ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unvollständig und es wird eine meiner Aufgaben in den kommenden Monaten sein, diese durch weitere Recherche zu ergänzen.

6. Interviews mit Zeitzeugen:

Ein weiteres großes Ziel für meinen restlichen Gedenkdienst ist das Interviewen von noch lebenden Zeitzeugen bzw. deren Familienangehörigen. Hierzu habe ich in den vergangenen Wochen begonnen, mit dem mir zur Verfügung stehenden Material sowie zusätzlicher Internetrecherche festzustellen, welche Exilanten noch am Leben sind und wie der Kontakt mit ihnen hergestellt werden kann. Das Kontaktieren der in Frage kommenden Personen, sowie genauere Recherche und Vorbereitung auf die Interviews und das tatsächliche Durchführen dieser wird ausreichende Arbeit für die restliche Dauer meines Gedenkdienstes darstellen.

7. Gemeinsamer Besuch der CASA STEFAN ZWEIG mit Frau Dr. Helga Rabl- Stadler:

Als eines der Highlights meiner 3-monatigen Tätigkeit an der CASA STEFAN ZWEIG kann das Zusammentreffen mit der Präsidentin und dem Konzertchef der Salzburger Festspiele, Frau Dr. Helga Rabl-Stadler und Markus Hinterhäuser gesehen werden. Es kam zu einem gemeinsamen Besuch des Wohnhauses von Stefan Zweig in Petrópolis, sowie einer Führung im weltbekannten „Museu Imperial“ und einem anschließenden Mittagessen.

Ausblick:

  • Fortführung und Beendigung der Transkription von Zeitzeugeninterviews
  • Fortführung und Ausweitung der Forschung im Nationalarchiv und weiteren Archiven
  • Durchführung von Interviews mit Zeitzeugen bzw. Familienangehörigen
  • Organisation und Durchführung eines Stefan Zweig Seminares
  • Vernetzung mit nationalen und internationalen Experten auf dem Gebiet der Exilforschung
  • Weitere Verwaltung und Ausweitung der Datenbank der CASA STEFAN ZWEIG
  • Anschaffung benötigter Arbeitsutensilien und einschlägiger Fachliteratur

Positive Entwicklungen an der CASA STEFAN ZWEIG:

Als Schlusspunkt meines ersten Tätigkeitsberichtes möchte ich noch gerne ein paar aktuelle und sehr positive Ereignisse im Hinblick auf die CASA STEFAN ZWEIG erwähnen.

Genehmigung des Projektes zur Instandsetzung des Hauses Stefan Zweigs:

Zu großen Freude aller Beteiligten wurde das Projekt zur Renovierung und Instandsetzung des letzten Wohnhauses Stefan Zweigs, nach den Plänen des Architekten Miguel Pinto Guimarães vom brasilianischen Amt für Denkmalschutz genehmigt. Hiermit steht dem Umbau des Hauses und der baldigen Eröffnung des Museums nichts mehr im Wege.

Förderung des Forschungsprojektes durch den Zukunftsfonds der Republik Österreich:

Eine weitere äußerst erfreuliche Nachricht ist die Genehmigung einer Förderung durch den Zukunftsfonds der Republik Österreich, für ein von meinem Mitarbeiter Mag. Trettler eingereichtes Forschungsprojekt. Somit ist die Fortführung der Forschungstätigkeit von Mag. Trettler an der CASA STEFAN ZWEIG für ein weiteres Jahr finanziell gesichert.

Förderung für die Gestaltung einer ersten Stefan Zweig Ausstellung:

Vor kurzem wurde uns von Seiten der österreichischen Botschaft durch den Botschaftssekretär Dr. Alexander Springer mitgeteilt, dass die CASA STEFAN ZWEIG eine finanzielle Förderung vom Außenministerium für die Gestaltung einer ersten kleinen Ausstellung über Stefan Zweig in Petrópolis erhalten werde.



Gedenkdienst an der CASA Stefan Zweig

Juni 4, 2010

18. März 2010, der letzte Eintrag. Eineinhalb Monate habe ich schon keinen neuen Beitrag mehr veröffentlicht. Soll das denn wirklich möglich sein? Wie ist die Zeit verflogen!

Wie erschrak ich doch gestern Abend als ich mir dessen bewusst wurde und ich stellte mir ernsthaft die Frage, ob es nun denn noch Sinn hätte weiterzuschreiben. Ist nicht bereits viel zu viel in der Zwischenzeit passiert? Ereignisse die man nie mehr so aus dem Herzen und mit Elan wieder geben wird können wie im Moment des Erlebens. Eine Anzahl von Ereignissen die zum schildern meine Geduld und Schreiblust überstrapazieren würde. Was tun? Nun, ich traf für mich die Entscheidung doch weiter zu schreiben. Sei es nun auch so, dass meine verehrten Leser und Leserinnen nicht all das Wunderbare, was ich in den letzten Wochen erlebt habe mit mir Teilen können. Aber ist das denn eigentlich wirklich ein Schaden? Man könnte es als einen Grund mehr sehen, um sich in der Heimat wieder auf ein „Plauscherl“, „Schwazerl“ oder wie auch immer man das im Dialekt nennen möchte, zu treffen. So weit so gut.

Schaut man sich meine bisherigen Blogeinträge an, so kann leicht der Eindruck entstehen ich befinde mich hier in Rio de Janeiro auf einem Langzeiturlaub. Dem ist natürlich nicht so. Und da ich von mehreren Seiten Anfragen bekam, was ich nun denn eigentlich so wirklich arbeiten würde, kam ich zu dem Schluss, dass viele Menschen doch mehr Interesse an meinem Gedenkdienst haben als ich dies für möglich gehalten hätte. Somit nehme ich diesen, seit langer Zeit ersten Eintrag zum Anlass um all denen die interessiert sein mögen einen Einblick in meine Arbeit zu bieten.

Auslandsdienst, ist das überhaupt jedem ein Begriff? Gut, lasst mich erklären. Der österreichische Auslandsdienst, das ist eine Organisation, welche 1998 von einem Herrn namens Dr. Maislinger gegründet wurde, mit der einfachen Idee jungen Österreichern eine andere Alternative zur Ableistung des Präsenzdienstes zu bieten. Wie der Name schon andeutet, im Ausland. Der Verein gliedert sich hierbei in drei Sparten, den Gedenkdienst, den Sozialdienst und den Friedensdienst. Ich habe mich dazu entschlossen einen einjährigen Gedenkdienst zu leisten. Der Hintergrund hierfür ist die Idee als junger Österreicher, soweit es mir möglich sein sollte, Wiedergutmachung an den Opfern, sowie deren Nachkommen für die unrühmliche Vergangenheit Österreichs während des zweiten Weltkrieges zu leisten.

Zu meinem großen Glück bekam ich nun die Möglichkeit nach langjähriger Vereinsmitarbeit diesen in Rio de Janeiro an einer Institution mit dem Namen CASA Stefan Zweig beginnen zu dürfen. Die CASA Stefan Zweig, das ist ein Projekt von Liebhabern Stefan Zweigs, mit dem Ziel in seinem ehemaligen Wohnhaus in Petrópolis, der Kaiserstadt Brasilien, in der Nähe von Rio de Janeiro ein Museum über die Emigration nach Brasilien in den Jahren 1933 bis 1945 zu eröffnen. Wie es nun eben im Leben so ist, fehlt es immer an etwas. Entweder am Geld oder an der Unterstützung der Behörden. Im Falle der CASA Stefan Zweig an beidem ein wenig. Das Haus wurde von der CASA, welche unter der Leitung des Journalisten und Zweigexperten Alberto Dines steht, bereits im Jahre 2007 gekauft. Aufgrund von verschiedensten Hindernissen und neuen Begebenheiten (Denkmalschutzamt, neue Umbaupläne/Renovierungspläne etc.) konnte der Umbau bis zum heutigen Tage aber noch nicht begonnen werden. Wie es am aktuellen Stand der Dinge aussieht, wird das Museum mit großer Wahrscheinlichkeit Ende 2012 eröffnet werden können. Bis dahin liegt der Schwerpunkt der Arbeit vor allem auf der Forschung über „illustre“ Exilanten/Emigranten, die in der eben erwähnten Epoche nach Brasilien kamen. Mit „illustre“ sind Persönlichkeiten gemeint, die durch ihr Wirken in Brasilien oder in ihrem Herkunftsland von Bedeutung waren, dazu zählen Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler, Politiker etc.

Dieses sehr kleine Forschungsteam besteht nun nur aus einem Historiker, welcher einer der führenden Experten in Brasilien auf dem Gebiet der Exilforschung ist, sowie dem ersten Gedenkdiener, welcher sich weiter dem Projekt widmet, und dem aktuellen (dritten) Gedenkdiener. Momentan, ist das niemand geringer als meine Person. Nein Scherz beiseite. 3 Forscher und eine Liste von über 200 Namen mit illustren Persönlichkeiten des brasilianischen Exils, hört sich das nicht nach viel Arbeit an? Ist es auch.

Mein Gedenkdienst beinhaltet somit alles was man sich beim Aufbau eines Museums so vorstellen kann. Ein paar Grundaufgaben gibt es aber doch. Eine davon ist die Forschung über unsere Exilanten in den entsprechenden Archiven Rio de Janeiros. Bis zum heutigen Tag hatte sich die Arbeit hierbei vor allem auf das Nationalarchiv und die Nationalbibliothek Rio de Janeiros beschränkt. Doch im Moment sind wir gerade dabei diese auf andere auszuweiten, darunter zum Beispiel das Archiv des Außenministeriums. Als Außenstehender mag man sich fragen, was hofft man denn in diesen Archiven zu finden. Grundsätzlich ist das Ziel zu jedem einzelnen Exilanten mehr Informationen und Material zu erhalten. Im Nationalarchiv kann man zum Beispiel in den Anträgen, welche die Exilanten im Hinblick auf die Naturalisierung (Erhaltung der Staatsbürgerschaft) stellten oder auch die anfänglichen Anträge auf eine temporäres Aufenthaltsvisum sehr viel über deren Familienverhältnisse, Verwandte und auch persönliche Daten erfahren. Bei Künstlern, Autoren, Wissenschaftlern sind oftmals auch sehr interessante Zeitungsartikel, Fotos und viele weitere Dinge dem Antrag beigelegt, die zum damaligen Zeitpunkt zum positiven Ausgang des Prozesses beitragen konnten. Die Aufgabe von mir und meinem Kollegen Mag. Trettler ist es nach der Sichtung des Materials, dieses anschließend auch für das Archiv der CASA Stefan Zweig zu digitalisieren, welches in Zukunft Exilforschern aus der ganzen Welt zur Verfügung stehen soll. Großer Vorteil ist hierbei, dass der Forscher direkt das von uns gesammelte Material konsultieren kann ohne sich die mühevolle Arbeit antun zu müssen die entsprechende Dokumentation in den einzelnen Archiven zusammen zu suchen. Manchmal gleicht diese Arbeit tatsächlich der Suche nach der Nadel im Steckhaufen.

Weitere Arbeiten, neben der aktuellen Forschung in den Archiven, stellt der Aufbau von Kontakten mit anderen Institutionen, welche ähnliche Ziele verfolgen dar. Auch das Durchführen von Zeitzeugeninterviews, sowie Übersetzungsarbeiten stellen Teil des Dienstes dar. Zusätzlich liegt die Verwaltung der bereits bestehenden Datenbank in meinem Aufgabengebiet, sowie die Mithilfe bei der Katalogisierung von unserem Bücherbestand, welchen wir teils durch Kauf, teils durch Spenden aufgebaut haben und konstant erweitern. Es sei hier auch noch kurz zur erwähnen, dass sich unsere Liste mit Exilanten ständige erweitert. Aufgrund von neuen Informationen, weiterer Forschungstätigkeit und Hinweisen von Außenstehenden tauchen immer wieder neue Personen, welche für unserer Liste von Interesse sind, auf.

Da ich nun bereits seit 4 Monaten meinen Gedenkdienst an der CASA Stefan Zweig leiste, war mit 1. Juni der erste Zwischenbericht fällig. Ich habe diesen bereits Mitte April fertig gestellt und mit der Post nach Österreich geschickt, damit dieser rechtzeitig beim Innenministerium bis 5. Juli (Abgabefrist) ankommt. Die brasilianische Post ist eine eigene Geschichte für sich…

Im Anschluss an diesen Eintrag, werde ich auch meinen 1.Tätigkeitsbericht auf dem Blog posten. Somit kann sich dann jeder noch ein genaueres Bild machen, was ich hier in Rio arbeite. Vielleicht noch eine kleine Ergänzung zu meinem ersten Bericht. Wie ihr aufgrund meiner Einträge „Passaporte Azul“ und „Reise nach Curitiba“ wisst bin ich in den Monaten März, April sehr viel in Brasilien gereist. Damit verbunden waren viele Urlaubstage. Meine Arbeitstätigkeit war bereits zu Beginn meines Dienstes eine sehr engagierte hat sich aber seit dem Ende meiner Reisen selbstverständlich weiter intensiviert.

Soweit ein kurzer Abriss meiner Tätigkeit. Es gäbe noch viel zu erzählen aber meine Finger melden sich zu Wort und verweigern eine weitere Schreibtätigkeit für heute. Daher bis bald, versprochen!

Reise nach Curitiba

März 18, 2010

Meine erste Reise sollte mich in den Süden von Brasilien führen, genauer gesagt nach Curitiba im Bundesstaat Paraná. Der Süden Brasiliens gilt im Vergleich zum Norden des Landes als relativ wohlhabend. Das Klima ist kühler, die Menschen distanzierter und überhaupt erinnert so einiges an Europa. Es ist hier wo sich die meisten österreichischen, deutschen und italienischen Einwanderer nach ihrer Emigration aus Europa niederließen.

Bereits kurz nach meiner Ankunft am Flughafen sollte mir der Unterschied zum nördlicheren Rio augenscheinlich werden. Anders als in der cidade maravilhosa verläuft in Curitiba alles in geregelteren Bahnen. Am krassesten zeigt sich das am Verkehrsbild. Curitiba gilt weltweit als eine Musterstadt in Sachen Verkehr. In den 70er und 80er Jahren hatte die Stadt mit argen Verkehrsproblemen zu kämpfen und löste diese auf sehr erfolgreich Art und Weise. Es wurden sehr originelle Bushaltestellen errichtet (siehe Fotos), welche großen Rohren aus Glas gleichen. Diese Innovation birgt einige enorme Vorteile. Der Fahrgast zahlt bereits beim Betreten der Bushaltestelle, dadurch ist ein viel schnellerer Fahrbetrieb möglich. Der Bus dockt an die Haltestelle an und die Fahrgäste müssen nur mehr das Fahrzeug betreten. Weiterer Vorteil ist, dass man auf diese Weise mit einem Fahrschein durch die ganze Stadt fahren kann. Verlässt man den Bus, kann man in der gläsernen Haltestelle auf den nächsten Anschlussbus warten ohne nochmals bezahlen zu müssen. Dies gemeinsam mit eigens angelegten Busspuren und günstigen Fahrpreisen hat die Einwohner Curitibas dazu bewegt auf das öffentliche Transportwesen umzusteigen. Leider verschlechtert sich die Situation in den letzten Jahren wieder. In Gesprächen mit Einwohnern bekam ich des Öfteren bestätigt, dass der Verkehr bereits wieder zunehmend dichter werde und die früher getätigten Maßnahmen bald nicht mehr ausreichen würden. Trotz allem meine ich, dass uns eine Stadtregierung wie Curitiba zeigt was möglich wäre, wenn der Wille da ist. Schade nur, dass andere Städte, sei es Rio, Wien oder Graz nicht ähnliche Maßnahmen setzen.

Curitiba ist eine sehr grüne Stadt. Es gibt unzählige Parks, sowohl im Stadtzentrum als auch größere am Stadtrand, in welchen man sich im Grünen auf einer Parkbank von dem hektischen Stadttrubel erholen kann. Auch kulturell hat diese Stadt viel zu bieten. Neben den unzähligen Ateliers und Museen findet in Curitiba jedes Jahr das größte Theaterfestival Brasilien statt. Heuer vom 16.-28. März. Leider war ich um ein Wochenende zu früh zu Besuch um in den Genuss einer Theateraufführung zu kommen.

Nach meiner Ankunft in Curitiba und dem absolvierten Sightseeingprogramm entschloss ich mich abends, spontan einen Nachtbus nach Foz do Iguacu zu nehmen. Jener Ort an dem die weltberühmten Cataratas Wasserfälle liegen. Ich kann hier nur die Daten aus meinem Lonely Planet wiedergeben, um das Ausmaß dieses Naturwunders zu beschreiben. 275 Wasserfälle, 3 Km lang, 80 Meter hoch. Damit sind sie breiter wie die Victoria und höher wie die Niagarawasserfälle. Trotz des sehr teuren Bustickets, hier wurde mir erst bewusst wie günstig ich mit meinem Passaporte Azul eigentlich reisen konnte, und der langen Anreise waren all diese Mühen vergessen als ich schlussendlich am Ziel meiner Reise war. Worte scheinen in diesem Fall nicht auszureichen und deshalb kann ich euch nur auf die Fotos verweisen.

Noch am Tag der Ankunft ging es dann abends wieder zurück mit dem Nachtbus nach Curitiba. Zuvor hatte ich noch ganz glücklich das Angebot einer Dusche am Busbahnhof für 4 Reais in Anspruch genommen. Am nächsten Morgen gegen 5 Uhr früh war ich wieder zurück und fühlte mich einfach nur gerädert. Ab ins nächste Kaffee und einen starken café com leite später schien die Welt schon wieder besser.

Letztes großes Highlight meiner Paranáreise, war die Fahrt mit einem alten Passagierzug von Curitiba nach Paranaguá. Hier sei noch zu erwähnen, dass Curitiba auf einem Hochplateau liegt. Von diesem führt eine alte Eisenbahnstrecke durch den Küstenregenwald ans Meer. Im 19. Jh. wurde diese Strecke unter großen Anstrengungen errichtet, um die Stadt an die Häfen der Küste anzubinden. Eine architektonische Meisterleistung, die mit dem Blut vieler Sklaven bezahlt wurde.

So viel zu meiner Curitibareise. Natürlich könnte ich mit all dem, in diesen wenigen Tagen,  Erlebten noch Seiten fühlen, aber wozu unnötig ausschweifend werden? Alles will man ja doch nicht von sich preisgeben, sonst bleibt später nichts mehr zum erzählen übrig. (-;

Meine nächste Reise führt mich nach Campo Grande und ins Pantanatal. Dazu mehr im nächsten Eintrag.

Passaporte Azul

März 18, 2010

Vor nun schon gut drei Wochen rief mich mein Vorgänger und derzeit auch noch aktiver Gedenkdiener Hannes Berger am Handy an, um mir eine tolle Nachricht mitzuteilen. Er meinte er sei bei der Suche im Internet auf etwas ganz außergewöhnliches gestoßen, was den Namen „Passaporte Azul“ träge. Meine Neugier war geweckt, was sollte das denn sein ein „Blauer Pass“?

Nun ja, Azul steht für eine im Jahr 2009 gegründete brasilianische Fluglinie. Passaporte für folgendes Angebot. Man zahlt eine einmalige Summe von 900 Reais und kann in Folge für 2 Monate (März, April) alle von Azul durchgeführten Flüge in ganz Brasilien in Anspruch nehmen. Einziger kleiner Wermutstropfen, Freitag und Sonntag sind als Reisetage nicht disponibel und die Flughafentaxen müssen extra gezahlt werden.

Anfangs überwog mein Mistrauen, wie konnte das sein, gab es das wirklich? Fliegen zum Fixtarif? Nach genauestem studieren der Geschäftsbedingungen kamen wir alle zu demselben Schluss, an diesem Angebot gab es wirklich keine Hacken. Wir zückten die Kreditkarten und der erste Schritt für zwei aufregende und ereignisreiche Reisemonate war getan.

Der brasilianische Alltag

Februar 28, 2010

Langsam beginnt sich hier in Rio de Janeiro tatsächlich etwas, was man wohl als Alltag bezeichnen könnte, für mich einzustellen. Dieser brasilianische Alltag unterscheidet sich allerdings krass von dem, was ich in Österreich gewohnt war. Meine Arbeit, meine Freizeit, alles verläuft hier in weniger geregelten Bahnen. Spontanität und Eigeninitiative sind gefragt, auch als Gedenkdiener an der CASA Stefan Zweig. Es gibt gewisse Zielsetzungen und Vorgaben, innerhalb dieser kann ich mich aber sehr frei bewegen, meine eigenen Ideen einbringen und diese umsetzen. Für die Freizeit gilt das Gleiche. Kaum ein Tag an dem man nicht was Neues entdeckt, probiert, erfährt. Anders als in Österreich überwiegt die Neugier, man will immer mehr von dieser Stadt entdecken, die so vielseitig ist. Und doch, in diesem ganzen Trubel von neuen Eindrücken und Erfahrungen stellen sich gewisse Kontinuitäten ein. Man kennt den Bäcker um die Ecke, den Supermarkt am Ende der Straße, wo man tagtäglich seine Einkäufe erledigt. Auch der Wirrwarr von Buslinien, welcher zu Beginn unüberschaubar schien, beginnt sich zu lichten. Ein wichtiger Bestandteil des Ganzen ist ein Objekt, welches ich erst kürzlich in einem glücklichen Handgriff erworben habe, mein Fahrrad. Die Geschichte wie ich zu diesem kam ist höchst skurril.

Anfänglich spielte ich mit dem Gedanken mir ein neues Fahrrad zuzulegen. Im Wissen, dass hier Fahrräder allerdings sehr leicht gestohlen werden und der damit verbundene große finanzielle Aufwand ließ mich von diesem Vorhaben wieder abkommen. Eine Entscheidung die mir zu gute kommen sollte. Am Sonntag vergangene Woche ging ich mit Jörg auf einen, was man in Österreich wohl als Altwarenmarkt bezeichnen würde. Auf diesem Markt findet man praktisch alles. Angefangen von alten CDs und Kleidern bis hin zu Ersatzteilen für den Computer oder andere technische Geräte. Inmitten dieses ganzen bunten Trubels gibt es auch einige Verkäufer die dort gebrauchte, zum großen Teil sich in sehr schlechtem Zustand befindende, Fahrräder zum Verkauf anbieten. Umso wichtiger ist es jedes Fahrrad auf das Genaueste zu prüfen um nicht über das Ohr gehaut zu werden. An jenem Tag hatten wir bereits den ganzen Markt abgegangen und außer ein paar weniger, verrosteter Drahteseln waren wir nicht fündig geworden. Doch siehe da, am sprichwörtlich letzten Zipfel des Marktes ein Radverkäufer mit guter Ware. Probefahrt und ja wirklich, man hat ein tolles Rad gefunden! Zu einem gute Preis noch dazu. Nun bin ich schon gut eineinhalb Wochen mit meinen alten Freund unterwegs und höchst zufrieden. Dieses alte Rad scheint sogar besser zu laufen, als manches Neues in Österreich. Und wie toll ist es erst im Besitz eines dieser zu sein. Auf einmal erscheint alles näher. Der Weg zum Strand, in den Supermarkt, zur Arbeit, alles kein Problem mehr. Kein langes, unnötiges Warten mehr auf den richtigen Bus, und das teure Ticket erspart man sich auch noch. Kurz, ich bin begeistert! Was ich mit meinem Rad schon an tollen Ausflügen machen konnte und das dabei Erlebte, soll Thema meines nächsten Eintrages sein. Wie immer möchte ich euch auf meinen Flickaccount hinweisen, wo ich stätig neue Fotos online stelle.

Karneval – Das organisierte Chaos

Februar 19, 2010

Der Karneval ist zu Ende, meine Kräfte auch. Doch die Brasilianer die wollen es gar nicht so recht glauben. Ab Morgen soll man wieder arbeiten gehen? Vorbei die rastlosen Tage und schlaflosen Nächte, welche man sprichwörtlich im Rausch verbrachte? Ein vielfältiger Rausch war es. Ein Rausch der Glücksgefühle, des sich gehen lassen, des miteinander Spaß haben und natürlich des Alkohols. Karneval in Brasilien das ist was ganz besonderes. Ich spreche hier natürlich vom Karneval in Rio de Janeiro, denn der Karneval in Brasilien ist so unterschiedlich wie das Land an sich.

Während des Karnevals befindet sich die Stadt im organisierten Chaos. Sogenannten „blocos“ an jeder Straßenecke. Blocos das sind Straßenfeste in vollendeter Form. Ein jeder wird von einer der vielen kleinen Sambagruppen der Stadt organisiert. Vorne weg ein LKW bestückt mit duzenden Verstärkern der die trönende Musik, der am Dach des Fahrzeuges spielenden Gruppe, in die Menge wirft. Diese Straßenumzüge beginnen als kleine Anhäufung von Menschen an einer Straßenecke oder einem kleinen Park und verwandeln sich dann im Laufe ihrer 2 bis 4 stündigen Dauer in einen unüberschaubaren Menschenstrom. Die Route ist manches Mal festgelegt, dann auch wieder nicht. Die Polizei hat dieser Tage alle Hände voll zu tun, um Straßen rechtzeitig abzusperren und den Verkehr in immer wieder neue Bahnen zu lenken. Ein absolutes Verkehrschaos im betreffenden Viertel ist die Folge. Also lieber mitfeiern und von dem allen nichts mitbekommen, als  sich in einem dieser Staus ärgern zu müssen.

Den Höhepunkt dieses Festes der Feste stellt dann der weltberühmte Umzug der größten Sambaschulen Rio de Janeiros im eigens dafür gebauten Sambódromo dar. Sonntag und Montag wetteifern jeweils 6 Schulen um den Sieg. Jeder Umzug dauert beinahe eineinhalb Stunden und die Kostüme, sowie die Umzugswagen sind in ihrer Aufwendigkeit nicht mehr zu überbieten. Eines braucht der neugierige Tourist aber auf jeden Fall, gutes Sitzfleisch. Der Umzug beginnt 9 Uhr abends (wir waren schon kurz nach 6 Uhr dort um noch halbwegs gute Sitzplätze in unserem Sektor zu bekommen) und dauert bis um 6 Uhr des nächsten Tages an. Insgesamt verbrachten wir also gut 12 Stunden sitzend, stehend, tanzend, staunend, singend und lachend. Am nächsten Morgen ging man dann von den Gesängen und Bildern noch völlig überwältigt nach Hause und fiel ins Bett um den versäumten Schlaf nachzuholen.

Noch ein kleines aber für mich umso beeindruckenderes Detail am Rande. Die meisten Sambaschulen Rio’s wurden in einer der vielen Favelas der Stadt gegründet, deshalb ist es auch nicht verwunderlich das viele Menschen aus ärmeren Lebensverhältnissen an den Umzügen teilnehmen. Bezahlung dürfen sie sich dafür aber nicht erwarten, im Gegenteil, für die Kosten der Kostüme muss jeder Einzelne selber aufkommen. Aber auch viele Reiche und Berühmtheiten lassen sich den Genuss „dabei gewesen zu sein“ nicht entgehen und treten mit ihren unvorstellbar aufwendig gestalteten und sündteuren Kostümen auf. Was mir nach dem Ende des ganzen Abends aber umso surrealer Erschien war die Tatsache das man sich am Heimweg auf einmal mit den ganzen eben gesehenen und bewunderten Tänzern in der U-Bahn, dem Bus befand. Das waren Menschen wie einer selbst und noch eben hatten sie die wunderbarsten Tänze und Choreographien gezeigt. Als Österreicher war dies für mich ein ganz neues Erlebnis. Bei uns genießt der Künstler ein hohes Ansehen und nach seinem Auftritt verschwindet er hinter dem Vorhang in seine Kabine, er ist ganz unnahbar. Hier aber nimmt selbst das „einfach Volk“ an diesen wunderbaren Umzügen teil und in diesem einen magischen Moment des Jahres werden sie von der ganzen Welt bewundert und geachtet bevor sie wieder in ihr alltägliches oft ärmliches Leben zurück fallen.

Wohnungssuche in Rio

Februar 11, 2010

Eine weitere schwierige aber umso wichtigere Etappe ist geschafft, die Wohnungssuche. Wie ich euch bereits in früheren Posts mitgeteilt habe konnte ich die letzten eineinhalb Wochen bei meinem Vorgänger und gleichzeitig Betreuer an der CASA Stefan Zweig Jörg Trettler wohnen. In dieser privilegierten Position hatte ich die Möglichkeit mich intensiv nach einem tollen „quarto“, wie es in Portugiesisch so schön heißt, umzuschauen. Es stellte sich im Laufe meiner Suche allerdings heraus, dass dies schwieriger ist als gedacht. Die meisten Brasilianer die ich hier kenne schüttelten schon den Kopf, wenn ich nur das Wort „Wohnungssuche“ in den Mund nahm. Die Reaktionen waren bei den meisten die gleiche. Ich solle es momentan gar nicht versuchen, denn so kurz vor dem Karnaval sei es unmöglich eine gute Wohnung zu finden. Ich belehrte sie eines besseren.

Schon letzte Woche glaubte ich eine gefunden zu haben. Ein 19 jähriger Student meldete sich auf meine Email telefonisch bei mir und lud mich ein seine Wohnung zu besichtigen. Lincoln, wie der Chemiestudent an der Universidade Federal do Rio de Janeiro hieß machte einen netten Eindruck und die Wohnung schien auch meinen Bedürfnissen zu entsprechen. Sie bestand aus einem Schlafzimmer, Wohnzimmer, sowie Küche und Bad. Ich hatte kein Problem das Schlafzimmer, es gab ja nur ein Zimmer, mit ihm zu teilen und es schien schon alles abgemacht als das so gefürchtete Wort „aber“ fiel. „Aber“ es hätte sich schon jemand früher als ich gemeldet und dieser würde erst am Nachmittag die Wohnung besichtigen kommen. Da sich dieser eher gemeldet hatte müsse er ihm den Vorzug geben, aber er würde mich nachmittags nochmals kontaktieren, ob der andere Interessent die Wohnung nehmen würde oder nicht. Am Nachmittag kam dann der Anruf, der andere Interessent war von der Wohnung begeistert und würde sofort einziehen. Pech für mich.

Noch ein paar kurze Worte zur Wohnungssituation hier in Rio. Es ist hier äußerst schwierig ein „quarto individual“ also ein Einzelzimmer, wie wir das aus Österreich gewohnt sind, zu finden. Oftmals teilen sich mehrere Personen ein Zimmer und es gibt einen großen gemeinsamen Gemeinschaftsraum. Weiters sind Studenten WGs hier eher die Ausnahme. Ich war mit der fixen Absicht nach Rio gekommen mich in eine solche WG einzumieten um gleich mit jungen Brasilianern in Kontakt zu kommen. Nochmals Pech für mich.

Weitere Schwierigkeit bei der Wohnungssuche stellte mein Geschlecht dar, viele gute Zimmer bzw. Wohnung sind lediglich für Frauen ausgeschrieben. Dies hat mir im Lauf meiner Suche viele Enttäuschungen eingebracht. Oftmals sind es tolle Wohnungen und man will schon ganz begeistert zum Hörer greifen, da ließt man die Worte „só mocas“ und klickt das Fenster wieder frustriert weg.

Wohnungen hier in Rio sind äußerst rar und daher sehr gefragt bzw. kostspielig. Im Konkreten heißt dies, wenn man eine neue Annonce findet gibt es nur eins, sofort anzurufen! Ich gebe offen zu, dass ich mich anfänglich ein bisschen davor gescheut habe, da mein Portugiesisch selbstverständlich noch nicht so gut ist, dass ich ohne Probleme telefonieren könnte. Hinzu kommt, dass die Handynetze hier äußerst schlecht sind, folglich eine schlechte Tonqualität und es ist besonders schwierig den Gesprächspartner zu verstehen. Hinzu kommt noch das Brasilianer gerne sehr schnell reden, das macht es nicht einfacher. Dies nur zur Erklärung warum ich anfänglich eher versuchte die Vermieter per Mail zu kontaktieren.

Letztes Hindernis war wie bereits erwähnt der nahende Karneval. Momentan strömen tausende Touristen aus der ganzen Welt nach Rio. Dies bedeutet höhere Preise für Zimmer und zugleich fehlendes Angebot. Viele Brasilianer vermieten ihre Wohnungen in Rio für gesalzene Preise über den Karneval. Dies erwähnen sie leider oftmals nicht in der Anzeige. (-:

Nun aber zum erfreulicheren Teil. Gestern besuchte ich dann mit Jörg eine „alburgue“, man könnte es als Jugendherberg ins deutsche übersetzen. Einziger Unterschied bei dieser Jugendherberge ist, dass sie für „Langzeitgäste“ ausgerichtet ist, welche mehrere Monate in Rio bleiben. Man teilt sich das Zimmer mit vier anderen Personen, dafür gibt es auch einen großen Gemeinschaftsraum, Küche, Grill im Freien, Internet, Fernseher und sogar ein Schwimmbad. All das in der Nähe vom Bezirk „Lapa“ der Ort zum Fortgehen in Rio de Janeiro. Meine ursprüngliche Überlegung war es mich ein Monat in dieser alburgue einzumieten, um dann nach dem Karneval in Ruhe eine Wohnung finden zu können. Es war alles schon abgemacht und ich sollte heute vormittags bereits umziehen. Aber alles kam anders. Kurz nachdem ich in die Wohnung zurück gekommen war, klingelte das Telefon und es meldete sich eine Dame. Es war eine jener Personen dich in den Tagen zuvor per Mail kontaktiert hatte. Ihre Annonce schien von Anfang sehr interessant und ich freute mich, dass sie noch rechtzeitig vor meinem geplanten Umzug angerufen hatte. Wir machten eine Uhrzeit für die Besichtigung der Wohnung aus und ich war schon gespannt was mich heute erwarten würde. Und was mich erwarten sollte!

An der genannten Adresse angekommen wurde mir klar, dass ich vergessen hatte nach dem Stockwerk zu fragen. Also nochmals anrufen und die Dame holte mich bei der Eingangstüre ab, dann ging es zu meiner großen Freude in den letzten Stock des Hochhauses. Als ich die Wohnung betrat war ich äußerst beeindruckt. Ein großes Wohnzimmer mit Flachbildfernseher und Stereoanlage (ist mir persönlich zwar nicht so wichtig aber trotzdem erwähnenswert), die Küche ordentlich und geräumig, das Zimmer besser als erwartet und alles durchflutet von hellem Tageslicht. Das tolle an dieser Dachwohnung ist, dass sie von einer großen Terrasse umgeben ist, geht man dann über eine Treppe noch höher hinauf findet man sich auf einer weiteren riesigen Terrasse mit Grillplatz wieder, Ausblick auf die Christusstatue inklusive. Mir erschien dies alles so unreal, dass ich bald nicht anders konnte als nach dem Preis zu fragen, irgendwo musste ja der Hacken liegen. Ja und da war er. 900 Reais im Monat! Außer Frage für mich, ich hatte mir als Limit max. 600 Reais gesetzt. Doch dann kam meine neue Vermieterin mit einem tollen Vorschlag. Sie würde, wenn mir das Recht sei, einen weiteren Studenten als Mieter suchen mit dem ich das Zimmer teilen würde. Dafür müsste ich nur 500 Reais zahlen.

Es mag stimmen, dass es toll ist ein eigenes Zimmer zu haben um manchmal ein kleines bisschen Privatsphäre genießen zu können. Doch andererseits kann man sich nicht so leicht gegen so eine tolle Wohnung entscheiden, im Wissen dass es schwer sein wird etwas Vergleichbares zu finden. Dafür nehme ich es gerne in Kauf ein Zimmer mit jemand anderem zu teilen.

Nachdem ich meine Entscheidung bekannt gegeben hatte erfuhr ich, dass sich bereits drei andere Interessenten am Nachmittag angekündigt hatten. Zwei davon hätten das Zimmer definitiv genommen. Schlussendlich Glück für mich und Pech für die anderen.

Neues aus Rio

Februar 7, 2010

Erst seit knapp 5 Tagen bin ich in dieser, meiner neuen, Wahlheimat Brasilien. Obwohl ich noch weißgottnichtviel  von diesem Land gesehen habe fühle ich mich hier schon so richtig wohl. Dies mag zu einem großen Teil sicherlich auch mit der herzlichen Aufnahme von Jörg und seiner Freundin Silvana zusammen hängen. Die beiden machen mir den Einstieg in diese, für mich neue, Kultur um vieles leichter. Momentan wohne ich bei den beiden auf der ausgezogenen Couch im Wohnzimmer und bin fleißig auf der Suche nach einem Zimmer in Rio.

Es gibt doch so einiges was Rio von Europa und Österreich unterscheidet, eines ist es aber sicherlich nicht, die Preise. Rio de Janeiro gilt als eine der teuersten Städte Südamerikas und das bekommt die Geldbörse kräftig zu spüren. Meine Bewunderung gilt all denen die sich hier trotz Mindestlohn und hohen Lebenskosten über Wasser halten können. Nur um ein Beispiel der teuren Preise zu nennen. Eine normale Busfahrt kostet hier 2,35 Reais, anders als in Österreich, zahlt man aber nicht nach Fahrzeit oder Strecke, sondern bei jedem einzelnen Besteigen des Busses. Bei mehrmaligem Umsteigen summiert sich das ganz schön. Wie ich es aus Österreich gewohnt war, kam ich mit der tollen Idee nach Rio ein Rad zu kaufen um mir so die Fahrtkosten zu ersparen. Leider gibt es aber zwei triftige Gründe dies nicht zu tun. Zum einen die drückende Hitze und zum anderen die Rücksichtslosigkeit der Auto/Busfahrer. Auf Rios Straßen gilt das Recht des Stärkeren und Radfahrer werden als Belästigung gesehen die es zu beseitigen gilt. Ob ich mich in Zukunft trotzdem für das Fahrrad entscheiden werde kann ich jetzt noch nicht sagen. Auf jeden Fall werde ich vorher einige Probefahrten mit Jörgs Rad machen, in der Hoffnung heil zurück zu kommen. (-:

Noch ein paar kurze Worte zur Verkehrssituation in Rio, welche ein Phänomen für sich ist. Verkehrsregeln scheinen auf Rios Straßen nicht zu gelten, rechts zu überholen und andere Autos zu schneiden steht an der Tagesordnung. Das einzige woran sich die Autofahrer halten sind die roten Ampeln, diese werden anders als im Süden Europas sehr wohl respektiert.

Rios öffentliches Transportsystem ist eine Geschichte für sich. U-Bahn Linien gibt es nur zwei und diese  erschließen nur einen kleinen Teil der Stadt. Das wahre Transportmittel ist der Bus. Anders als in Österreich muss man hier nicht einen Fahrschein kaufen und diesen dann stempeln sondern man zahlt direkt am Eingang des Busses, um dann durch ein Drehkreuz in den hinteren Teil des Busses zu gelangen. Busstationen gibt es, allerdings kann man den Bus auf der Straße auch mit einem kräftigen Wink zum stehen bringen. Vorausgesetzt der Busfahrer möchte dies. Fahrpläne als solche existieren nicht, Busstationen werden nach den Straßennamen benannt. In diesem Wirrwarr von Buslinien den Überblick zu behalten und seinen Weg zu finden ist mir bis jetzt noch nicht so wirklich gelungen.

Zum Abschluss noch ein paar Worte zu meiner Arbeit als Gedenkdiener an der CASA Stefan Zweig. Grundsätzlich diente die letzte Woche hauptsächlich zur Orientierung was mich hier in den kommenden Wochen und Monaten an Arbeit erwarten wird. Ich  begleitete Jörg allerdings auch mehrmals in das Nationalarchiv Rio de Janeiros, wo er mich in die dortige Arbeit einführte. Die Arbeit des Gedenkdieners im Nationalarchiv besteht darin, das dort vorhandene relevante Material zu bestellen und zu sichten um es anschließend mittels Kamera zu digitalisieren. Diese Arbeit mag für Außenstehende im ersten Moment recht monoton und langweilig erscheinen, dem ist aber gar nicht so. Es ist ein ganz spezielles Gefühl, wenn man Dokumente, welche teilweise seit über  70 Jahre nicht mehr geöffnet wurden begutachten und studieren darf. In diesen Akten werden ganze Menschenschicksale und deren Kampf um Aufenthalt in Brasilien dargestellt. Die enorme Anzahl an Dokumenten, welche schon damals für den Antrag auf Daueraufenthalt eingereicht werden mussten und die damit verbundenen Hürden lässt parallelen zu meinem Visumsantrag ziehen. Wenn man sich allerdings bewusst macht was diese Ansuchen für die Menschen zur damaligen Zeit bedeuteten erscheinen meine heutigen Bemühungen für den Erhalt eines Freiwilligenvisums und die damit verbunden Enttäuschungen sehr klein.